Gefahrene Kilometer: über 2700

Wir machen gegen 10.30 Uhr eine grobe Grundreinigung von Jakl (Teppiche ausklopfen, kehren), denn es ist gerade mal trocken. Den Rand des Hafens von Luarca verlassen wir gegen 11 Uhr. Wir wollen bei Ribadeo an der Küste entlang, verpassen aber die Ausfahrt und kommen ins Landesinnere. Kurzerhand disponieren wir um, denn das Wetter ist wieder katastrophal (grau, Regen, grau, Regen, noch mehr Regen), so dass wir eigentlich eh nicht viel von den Stränden hätten. Wir machen also Strecke und peilen A Coruna an. Hoffnung auf besseres Wetter gibt es nicht: Die Natur deutet nichts an und der Wetterbericht für ganz Galizien, aber auch Portugal ist gleich noch ehrlicher – starker Regen, sogar bis Ende nächster Woche, das ganze um die 10 Grad. Klaus‘ Bart darf weiter wachsen. Leute, ihr habt echt (fast) nichts, worum ihr uns beneiden könntet. Ausser vielleicht die Natur, die ihr nicht live sehen könnt. Weil die ist schon einfach der Hammer hier! Grundsätzlich ist die Landschaft abwechslungsreich und kurzweilig zu betrachten.

Die Kinder dürfen ausnahmsweise in die Betten – und schlafen gleich ein. Siesta pünktlich um 14 Uhr.

Am Autobahnrand sehen wir Pilger. Die haben es noch schlechter wie wir, bei Regen 131 Kilometer noch bis Santiago de Compostela. Auf diese Stadt bin ich wirklich gespannt. Sie soll ein tolles Flair haben, weil hier die Pilger ankommen.

Die Landschaft am Rande der neuen Autobahn und das Wetter geben nichts her, so schreibe ich das Reisetagebuch gleich während der Fahrt direkt auf dem Laptop.

Plato scheint nicht wirklich glücklich auf dieser Reise zu sein: Es gibt zwar Momente, wo er sich richtig freut, aber die meiste Zeit ist er recht angespannt. Auch mag er das Futter nicht – wer Plato kennt, weiß, dass das doch ein bisschen besorgniserregend ist. Aber ansonsten macht er sich prima, er geht gut an der Leine und ist nicht ganz so flippig wie sonst. Nun ja, genau wie Aurelia hat auch er nächste Woche Geburtstag und wird zwei Jahre alt. Vielleicht lässt das hoffen – und v.a., dass auch Aurelia mit nun dann vier Jahren „vernünftiger“ wird. Sie ist schon ein kleines Reibeisen, unsere Matz! Wenn Leopold mit ihrem Laufrad fahren darf (weil sein Fahrrad auf dem Fahrradträger zu hinterst nicht so leicht demontiert ist), lässt sie sich das geschäftstüchtig in Schokolade vom Osterhasen auszahlen (v.a., da sie ihren schon aufgegessen hat und Leopold in noch kaum angerührt hat, um länger etwas davon zu haben). Außerdem scheint ihre Ringelmütze besondere Kräfte oder anderes Magisches hervorzurufen, denn Fräulein sieht keinen Weg, sie auch nur einen Moment abzusetzen. So vergeht uns schon langsam die Lust, Fotos von ihr zu machen, denn die Mütze verdeckt regelmäßig ihre Augen (und zurückschieben darf man sie nicht) und birgt die verlotterten Haare, die man ebenfalls nicht mehr berühren geschweige denn zum Zopf binden darf. Ich habe mich nun entschieden, die Haare abzuschneiden. Es nervt mich so unbändig, wie verlottert unsere Tochter rumläuft, so dass ich irgendwie etwas daran ändern muss. Ich werde den Vorgang dokumentieren. Sobald wir Sonne haben und entspannt mal ein paar Tage stehen, werde ich es tun.

Leopold lernt viel auf dieser Reise: Er hilft Klaus beim Wasser auffüllen, beim Ausrichten der Satellitenschüssel (Himmelsrichtungen), beim Wechseln von Sicherungen oder bei der Suche nach geeigneten Brettern oder Steinen, die als „Ersatz-Sandbleche“ hilfreich sind, wenn wir uns festgefahren haben. Wir sehen viele Tiere und kommen dadurch auf weiterführende Themen. Sogar politisch werden wir hin und wieder. Leopold weist Aurelia öfters darauf hin, wenn sie Familienregeln missachtet oder wieder grundlos weint (was ihr natürlich schnuppe ist). Er ist sehr vernünftig und lässt gut mit sich reden. Er liefert kaum Anlässe, um mal sauer zu werden. Aber das übernimmt Aurelia dafür sehr gerne. Auch im Straßenverkehr passt er gut auf, auch auf das Schwesterchen. Er ist aufmerksam und voller Freude. Ihm gefällt die Reise super-gut. Eine „Testfrage“, ob wir jetzt wieder heimfahren sollen, beantwortet er mit einem empört-lauten Nein. Ich glaube, er wird viel „mitnehmen“ von diesem Trip. Heute früh haben wir festgestellt, dass Söhnchen schon lange nicht mehr Nasenbluten hatte (was er daheim ja recht häufig hat). Vermutlich liegt es an der feuchten (Meeres-) Luft. Als ich daraufhin meinte, wir könnten ja ans Meer ziehen, meinte er: „Das geht nicht, dann sehe ich ja meine Freunde nicht mehr. Aber davon abgesehen schon!“ Hm, ja, da hat er recht. Mir geht es da eigentlich genauso.

Jetzt sind wir die dritte Woche unterwegs und haben noch kein einziges Mal gegrillt. Langsam haben wir auch Sorge, dass der Scheibenwischer überstrapaziert wird und kaputtgehen könnte, denn eine Fiat-Werkstatt haben wir seit Vitoria-Gasteiz nicht mehr gesehen.

Das einzige „Interessante“ auf dem tristen, nassen Weg nach A Coruna ist der Schwertransport eines gigantischen Windrades in all seinen Einzelteilen. Toll, ich würde mich über strahlende Sonnenscheinbilder eines schönen Strandabschnittes mehr freuen.

Lustig: An einer Bushaltestelle sehen wir einen Mann einsam im Regen stehen und Flöte spielen. Das ist Optimismus pur!

Meine Nerven werden wieder strapaziert, als wir nach A Coruna reinfahren. Ich mag diese Städte nicht, v.a., weil wir es immer genau zur Rushhour schaffen: Zunächst werden wir vom Navi in die außerordentliche enge Irre geführt, später durch einen Stadttunnel, dessen Einfahrt steil ist und die Höhe natürlich begrenzt, wenn auch mit 3,90 Meter letztendlich ausreichend. Aber all das und die Hektik der Autofahrer produziert bei mir weiche Knie. Aber genial ist, dass die Sonne scheint! Das ist absolut schön, wenn man zur Abendsonne an den Stadthafen kommt! Das Meer glitzert silbern, ein Hoffnungsschimmer im wahrsten Sinne des Wortes! Als wir abends nach einem Bummel und Tortilla in der Altstadt um ca. 22 Uhr wieder zu Plato und Jakl zurückkommen, regnet es natürlich wieder. Plato hat wieder nur die Hälfte seiner Futterration gegfressen… Wir parken im Morgengrauen unter einer Brücke, damit wir das Prasseln nicht gar so laut hören und noch etwas Schlaf finden.

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