Pflichtprogramm Alhambra

Klaus organisiert morgens um sieben Uhr Eintrittskarten für die Palastanlage der Alhambra. Leider kann man immer nur am Tag des Besuchs die Karten kaufen, sonst hätten wir bereits gestern den Besuch fix gemacht. Angeblich besuchen täglich 10.000 (!) Menschen diese Sehenswürdigkeit, so dass es ein halbes Abenteuer ist, Karten zu ergattern: Eine Stunde vor Kasseneröffnung muss sich Klaus daher anstellen. Wir haben Glück und erhalten den Eintritt zu unserer Wunschzeit um 14 Uhr (es gibt nur bestimmte Einlasszeiten), so dass wir den Vormittag entspannt im und am Jakl sowie im Café verbringen. Ich bin schlapp und daher kann ich diesen Leerlauf sehr gut gebrauchen. Nach einem kräftigen Mittagessen haben wir dann auch alle Power genug, um uns ins Getümmel zu stürzen. So richtig viel Lust haben wir eigentlich gar nicht, aber Granada ohne Alhambra geht schlichtweg nicht. Plato darf nicht mit in die Anlage und so bleibt er, wegen der Hitze, nicht im Jakl, sondern unterm Jakl zurück. Hier hat er es schön kühl, da es natürlich schattig, aber auch windig ist. Mit genügend Wasser kann er es gut aushalten und mittlerweile kennt und liebt er diesen Platz ja eh schon. Pünktlich zur Einlasszeit schlendern wir also durch die riesige Palastanlage, durch die wunderschönen Gärten und v.a. selbstverständlich durch den Nasridenpalast mit seinen filigranen und tatsächlich absolut sehenswerten Schnitzereien aus Gips und Holz sowie bunten Azulejos und Bodenfliesen. Als ich mich kurz auf eine Stufe am Rande des Raumes setzen will, werde ich aufgescheucht. Das sei nicht erlaubt. Wie bitte, meinen Allerwertesten darf ich nicht kurz platzieren, aber tausende von Menschen dürfen genau an der gleichen Stelle täglich hinübertrampeln? Mir scheint sowieso, dass die Spanier einen Organisationswahn haben: Jeder Supermarktparkplatz wird akribisch mit kreuz und quer führenden Zebrastreifen versehen, genauso mit mindestens zehn ausgewiesenen Parkplätzen, differenziert nach Kategorie Behinderte, Frauen oder Alte. Natürlich geht es weiter mit Zebrastreifen, die durch jeweils mindestens drei Verkehrszeichen angekündigt und durch „Entschleunigungshoppel“ bekräftigt werden. Kreisverkehre sind in der Regel doppelspurig, Autobahnen überdimensioniert, Strände reglementiert, Baustellen übertrieben abgesperrt. Gleichzeitig schafft ein Großteil der spanischen Bevölkerung es nicht, vernünftig mit seiner Umwelt umzugehen: In den abgelegensten Winkeln liegt Müll herum, nach Feiertagen bleiben ganze Müllhaufen an Picknick- oder anderen schönen Plätzen zurück. Es mag sein, dass nicht alle Spanier so sind (schließlich gibt es an wirklich ganz einsamen Stellen auch gefüllte Mülltonnen), aber ein erheblicher Teil der Bevölkerung bringt es nicht fertig, seinen eigenen Dreck wegzuräumen. Das stößt uns sehr auf und die Kinder schäkern schon: „Sollen wir Spanier sein und unseren Müll einfach liegen lassen?“ Oft kommt es vor, dass wir Müll aufsammeln und in die daneben stehende (!) Mülltonne werfen. Zurück zur Palastbesichtigung: Die Kunst der alten Architekten ist wirklich faszinierend, dennoch habe ich Mühe, konzentriert bei der Sache zu bleiben. Zu sehr fallen mir die verschiedensten Menschen auf. Es gibt natürlich zahlreiche Bänke zum Ausruhen und diese Verführen zum Menschenstudium. Es ist aber heute sehr heiß und auch unsere letzten Tage waren anstrgengend. So haben wir nicht allzu viel Energie und begeben uns dann nach etwa drei Stunden trotz interessanter Historie und Menschenkunde zum Ausgang. Aurelia packt es nicht mehr und schläft in Papas Armen ein. Da sie einfach zu schwer ist, setzen wir uns im Garten an einen Bach und lassen sie ein wenig schlafen. Leopold spielt unterdessen im Bach und erregt Aufsehen. Fast jeder, der vorbei geht, zeigt sich amüsiert. Warum? Wir wissen es nicht. Scheinbar finden es eine ganze Menge Menschen eigenartig, ein Kind im Bach spielen zu sehen. Für uns ist diese Naturnähe ganz normal. Erschöpft kommen wir irgendwann doch wieder nach Hause. Plato krabbelt kühl und zufrieden unter dem Auto hervor. Granada verlassen wir ostwärts, auch wenn wir sehr gerne nochmals in die Altstadt gegangen wären. Aber heute packen wir es einfach nicht mehr und noch eine Nacht wollen wir hier nicht stehen. Also fahren wir am Rande der Sierra Nevada eine kleine Straße entlang, passieren einen Stausee und winden uns Kurve um Kurve vorbei an Fahrradfahrern den Berg hinauf. Mir gefällt es richtig gut, es ist bergig, aber doch grün. Es wachsen viele Pinien und es gibt sogar Bachläufe. Wir finden nach nicht allzu langer Zeit einen wunderschönen, ausgewiesenen Picknickplatz („Area Recreativa“), der über einen holprigen Feldweg erreichbar ist. Hier lassen wir uns nieder. Heute, am 31. Mai, ist der letzte Tag, an dem es erlaubt ist, in den vorgesehenen Feuerstellen Feuer zu machen. Wir genießen also bis weit nach Sonnenuntergang unser Grillen und fallen, wie eigentlich immer, gegen halb zwölf in die Betten.

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